Aufruf des Bündnis Leerstand zu Wohnraum
Samstag 28. Mai 2016
Paradenbeginn um 14 Uhr Feldstraße
Public Hearing ab 16 Uhr Axel Springer Platz
Hamburg hat ein „Flüchtlingsproblem“? Nein, Hamburg hat ein Wohnungsproblem. Jahrzehntelang haben Immobilienentwickler und Politiker so geplant, als lebten in unseren Städten hauptsächlich Gutverdiener, als hätten Menschen mit kleinem Einkommen und Obdachlose kein Recht auf Stadt und als könnten die weltweiten Fluchtbewegungen Europa nicht erreichen. Die Flucht von über eine Million Menschen nach Deutschland vor Krieg, Armut und Terror hat deutlich gemacht, dass diese Stadtplanung verantwortungslos ist. Plötzlich wird klar, dass eine Politik, die immer „Ghettoisierung“ wittert, wenn es um Sozialwohnungen geht, an den historischen Herausforderungen unserer Zeit scheitert. Die neoliberale Stadt hat keine Konzepte für bezahlbares, gutes und nachhaltiges Bauen hervorgebracht, sie hat den sozialen Wohnungbau zum Investoren-Förderprogramm gemacht – und all das rächt sich nun. Es ist allerhöchste Zeit, darüber zu sprechen, wie wir unsere Städte anders weiterbauen können.
Deshalb wollen wir am 28. Mai zu einer Parade aufrufen, die in einer Versammlung unter dem Motto „Eine andere Planung ist möglich“ mündet. Wir starten an den Messehallen und greifen hier einen Vorschlag der Hamburgischen Architektenkammer auf: Wozu braucht Hamburg in zentraler Lage ein Messegelände, das den größten Teil des Jahres ungenutzt herumsteht? Geht das nicht auch an der Periferie – und wie könnte eine Umnutzung aussehen? Wir beschließen die Parade auf dem Vorplatz des leerstehenden Axel-Springer-Hauses endet – 90.000 Quadratmeter Nutzfläche, die ideal wären, um ein Exempel für diese andere Planung zu statuieren. Der richtige Ort für ein Public Hearing, um über eine Stadt zu sprechen, in der Höher und Mehr nicht nur für die gilt, die es sich leisten können.
Wir brauchen eine Planung, die Plattformen von Teilhabe und Aushandlung mitdenkt, die die neuen Nachbarschaften zusammenbringt. Die nachhaltigen sozialen Wohnungsbau organisiert, in dem sie Genossenschaftsprojekte und neue Formen der Kommunalisierung auf den Weg bringt – statt mit den neuen Wohnsiedlungen für Geflüchtete ein Privatisierungsprogramm zum Wohle der Immobilienbranche anzuschieben. Nicht zuletzt brauchen wir eine Perspektive auf Wohnungs- und Obdachlosigkeit, in der Herkunft und Status keine Rolle spielen.
Wir werden die Stadt nicht den „Not-in-my-backyard“-Bürgerinnen und Bürgern überlassen, die die neuen Ankunftsstadtteile reflexartig als „Ghettos“ dämonisieren. Wir glauben auch nicht, dass die vom rot-grünen Senat durchgezogene Abschiebungsoffensive, die derzeit mehrere hundert Geflüchtete im Monat betrifft, irgendeine „Erleichterung“ bewirkt – sie ist ein grausamer und zum Scheitern verurteilter Versuch, das rechtspopulistische Mütchen zu kühlen – weshalb wir an dieser Stelle auf die „Migration is a right! Deportation is a crime!“-Demonstration am 14. Mai hinweisen wollen.
Wir meinen: Die Stadt hat keine Obergrenzen, in den Städten bleiben Fremde nicht fremd, das Wesen von Stadt ist Verdichtung – sie schafft Platz und macht schlau.